Ein Zahnarzt für Pferde?

Man hört es immer wieder, aber dennoch hat es sich noch nicht zu jedem Pferdebesitzer rumgesprochen: Das Pferd muskelt trotz intensiven Trainings nicht weiter auf, wird immer unzufriedener und verspannter und nimmt schlimmstenfalls muskulär sogar noch ab. Im Internet finden sich viele Artikel über die besten Aufbaumüslis, Muskelbooster und spezielle Mineralfutter, die helfen sollen das Problem in den Griff zu bekommen. Aber nichts will helfen.

Und das hat seine Gründe! Denn wie soll das Pferd die ganzen Nährstoffe optimal aufnehmen, wenn diese nur unzureichend verdaut werden können? Die Verdauung des Pferdes beginnt nämlich bereits mit der Zerkleinerung und Einspeichelung des Futters in der Maulhöhle. Die zermahlene eingespeichelte Nahrung wandert dann weiter in den Magen wo verschiedene weitere Verdauungsvorgänge stattfinden.

Funktioniert aber bereits die Zerkleinerung und Einspeichelung in der Maulhöhle nicht ausreichend, kann es verschiedene Folgen haben. Im schlimmsten Fall kann dies sogar Magengeschwüre begünstigen oder eine Magenentzündung zur Folge haben, da der PH- Wert im Magen durch den fehlenden Speichel nicht genügend gesenkt wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Pferde mehrere kleine Mahlzeiten bekommen, die aus möglichst viel Rohfaser bestehen, wie Heu und Stroh, mit maximalen Pausen von circa vier Stunden. Dies entspricht der Natur des Pferdes als Dauerfresser und Steppentier.

Doch wie kann es eigentlich passieren, dass Pferde ihr Futter nicht genügend einspeicheln? Dies hat zum einen natürlich sehr viel mit der Fressdauer zu tun. Ein Kilo Heu ist weniger schnell gefressen wie ein Kilo Müsli. Dadurch senkt das Heu den PH-Wert im Magen natürlich deutlich stärker als das Kraftfutter. Daher gilt Raufutter vor Kraftfutter füttern.

Abgesehen von den Futtersorten liegt das Problem zum anderen aber meist an den Zähnen. Wie bei den Kaninchen auch, wachsen Pferdezähne ein Leben lang immer nach. Der Abrieb erfolgt durch die Aufnahme von möglichst langstieligen Gräsern wie Heu oder Stroh, damit die Tiere viel und lange kauen müssen und so der Speichelfluss angeregt wird. Die wenigsten Pferde haben jedoch wie wir Menschen ein Idealgebiss. So kommt es, dass die Zähne nicht gleichmäßig abgerieben werden und unter anderem scharfe Ecken entstehen können, die schlimmstenfalls so lang werden, dass sie in den gegenüberliegenden Kiefer drücken können. Ebenso können zu lange Schneidezähne zu einer Fehlstellung der restlichen Zähne führen, wodurch das Zusammenspiel ebenfalls gestört ist. Rittigkeitsprobleme können die Folge sein, da das Pferd eine Schonhaltung einnimmt, bei der es nicht mehr richtig abkauen mag und es so zu Muskelverspannungen und -abbau kommen kann. Insbesondere ältere Pferde neigen zu häufigeren Zahnproblemen. Ein deutliches Zeichen ist das Einrollen des Futters. Ein Beispiel wäre hier, dass das Heu zu kleinen Knöllchen gerollt wird. Sollten beschriebene Auffälligkeiten auftreten, sollte man die Zähne seines Pferdes überprüfen lassen. Dies übernehmen Tierärzte mit einer Zusatzausbildung für Zahnbehandlungen. Eine Zahnbehandlung dauert ca. 30-60 Minuten und variiert von den Kosten je nach Aufwand und Gabe von Medikamenten für beispielsweise eine Sedierung. Diese Behandlung sollte einmal jährlich durchgeführt werden. Denn das beste Futter, die schönste Schabracke und der beste Trainer bringen nichts, wenn sich der Vierbeiner unwohl fühlt.

Zusatz-Tipp: Hatte das Pferd aufgrund der Fehlstellung der Zähne bereits Verspannungen und Rittigkeitsprobleme, empfiehlt sich im Anschluss eine Behandlung durch einen Osteopathen oder Physiotherapeuten, um jene zu lösen und dem Pferd wieder zu seiner vollen Leistungsfähigkeit zu verhelfen.